Teenage Dresscodes

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Cherno Jobatey
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Beitrag von Cherno Jobatey »

Domstadt hat geschrieben:Vielleicht war's auch nur ein Asi-Punk, kurz: Assel? Stand auf seiner Jacke irgendwo "Kassierer"? So oder so: Die Erwähnung in einem Faschismus-Thread würde ihm bestimmt nicht gefallen.
Auf meine Bitte hin hat Terf unseren Gedankenaustausch über Dresscodes aus dem Faschismus-Strang herausgenommen und in einen eigenen neuen Dresscode-Thread verpflanzt. Vielen Dank!
Domstadt hat geschrieben: Skinheads, Suedeheads, Smooths und Smoothies, Peanuts, Crops, Erberts, Ois und Sharps, Rash, Redskins
Ich bin fasziniert. Das war mir so ziemlich alles neu ( mit Müh und Not von der Existenz von <i><a href="http://www.superlupo-magazin.de/viewtop ... 0354#20354" target="_blank" class="postlink">Conservative Punks</a></i> hatte ich schon mal was gehört - wenn es denn keine Journalistenerfindung war).

Ich habe jede Menge Fragen, begnüge mich vorläufig aber mit einer: Wie weit verbreitet ist solches Wissen in der Jugendszene selbst? Was macht z. B. ein »Erbert«, »Sharp-« oder »Redskin«, wenn er durch eine Verkettung unglaublich unglücklicher Umstände meinetwegen in das Stammlokal einer türkischen Jugendgang gerät?

Hat er irgendeine Chance? <i>Weiß</i> eine Türkengang, daß es auch linke Skins gibt? Oder, wenn sie es nicht weiß: Hält sie es wenigstens für denkbar und gibt dem Skin die Chance, sich zu erklären, bevor sie ihn fertigmacht?

Oder gibt es gar eh auch schon türkische Skins?
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Eugene Mirman
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Beitrag von Eugene Mirman »

die mode: ein weites feld, und dieser diskurs scheint die grenzsteine des ackers noch zu versetzen! an dieser stelle deshalb eine kleine ontologische unterbrechung. bevor uns domstadt womöglich noch mit der extistenz der tadschikischen two-step-jugendszene überrascht...

folgen sie der fraser-spirale mit dem finger...

Bild

...
Berger, Peter/Kellner, Hansfried hat geschrieben: "Nicht nur ist die Welt nicht, was sie zu sein scheint, sondern sie könnte auch anders sein als sie ist."
tragikfähig. therapierbar. rentenberechtigt!
Dr. Domstadt

Beitrag von Dr. Domstadt »

Guten Morgen!

Gute Fragen. Leider (leider!) beschränkt sich mein Wissen über die Verbreitungsmethoden subkultureller Codes auf die Jahre 79 bis 90. Ab dann wird es WIRKLICH wirr ... und was das Jahr 2004 betrifft, kann ich oft selbst nur raten. Diese ganzen Splitterungen sind meist in kleinen Zirkeln ausgeheckt worden (so 4-8 Leute), denen oft ein Fanzine zur Verfügung stand oder eine Band, um den neuen Ansatz zu verbreiten. So war es jedenfals bei SHARP (Skinheads against racial prejudices), RASH (autonome, linke, anarchistische) und White Pride/White Power (Name erklärt sich wohl selbst).
Innerhalb dieser Szenen gibt es tatsächlich bestimmte Codes – ein Reggaesammelnder, unpolitischer Skin im braunen Sheepskin-Mantel (Leder, Fellkragen) würde nie sogenannte 18-Loch-Martens tragen bzw. Stiefel, die bis zum Knie hochgehen. Es sei denn, er wollte bewußt mit Codes brechen. (Auch das kommt vor. Es ist ja offensichtlich, daß z.B. Lonsdale von Rechten benutzt wird - manche überlassen denen aber bewußt NICHT die Definitionshoheit, sondern tragen nun erst recht Lonsdale.)

Wie dem auch sei. In den meisten Fällen verbreitet sich das Wissen vermutlich so: Man hört von einer Gang - wie z.B. Mods. Man ist neugierig. Lernt einen kennen. Der klärt einen auf. Man hängt mit ihm rum, und adaptiert entweder seinen Style, oder findet in diesem Zusammenhang einen anderen, der einem mehr liegt.

So sind viele meiner Modkumpels irgendwann zur Skinseite übergelaufen. Nicht wegen Politik, die Glatzen waren damals schon zerstritten. sondern weil sie die Mod-Entwicklungen (die sich heutzutage optisch und akustisch im Britpop wiederfinden), nicht mitmachen wollten. Stattdessen waren es oft die Skins (oder besser Suedes – Haare etwas länger, Kleidung extrem gepflegt), die das bessere Programm anzubieten hatten: Auf hohem Niveau rumprollen. Sind oder waren ja fast alles Abiturienten. UND: Damals war die Grenze noch dicht. Hitlerwitze oder völkische Lieder wurden exakt so eingesetzt, wie Sie es in diesem Forum tun. Sie verstehen schon.
Ich schweife ab.
Informationen, Klatsch, Tratsch und Dresscodes verbreiten sich auf Parties und Konzerten, Fanzines, Webseiten, Newslettern.

Zurück zu Ihrer Frage.
Ich habe nie einen türkischen Skin kennengelernt. Aus der türkischen Szene kamen eigentlich traditionell immer nur Teds/Teddyboys; Bomber (militante Jugendgangs mit Bomberjacken) und später Hiphopper etc. Vor Hiphop gab es keine Türken, die einen subkulturellen oder gar musikalischen Beitrag leisteten. Vielleicht waren sie sich als "Türken" Subkultur genug.

Zu der Türkenkneipe: Ein Redskin wird versuchen, möglichst wenig Insignien mit den rechten zu teilen. Er wird zum Beispiel kein Perry mit schwarz/weiß-rotem Kragen tragen (würden Sie eine Krawatte in Schwarz-Weiß-Rot kaufen?). Wenn Sie einen 60s-Skin neben einen 60s-Mod stellen, wird Ihnen möglicherweise kein Unterschied auffallen. Mods und Skins haben im Moment Stile drauf, die man nur noch als langjähriger Beobachter erkennt. Was auch ganz der Geist der Mod-Bewegung war, als erste Jugend-/Gegenkultur, die sich "subtil" auf die Fahnen schrieb.

Aber grundsätzlich vermuten Sie richtig, daß die meisten Türken (und überhaupt Leute) die Unterschiede nicht kennen, und oft kommt es zu unschönen Beschimpfungen und Schlägereien. Es gibt in Hamburg Direktiven an die Polizei, daß türkische Übergriffe in diesem Zusammenhang nicht an die Zeitungen gegeben werden. Nach den 90er-Ausschreitungen der Nazis gab es hier viele Racheaktionen, bei denen Kurzhaarige wahllos von Türken in die Mangel genommen wurden. Um das Klima nicht zu verschärfen, wurde über so etwas einfach nicht berichtet. Diese gute Intention verhindert leider die Beschäftigung mit dem Thema, und sorgt für dauerhafte Mißverständnisse.

Ein kleines Beispiel zum Umgang der Medien mit linken Skins:
Auf einer Demo trug ein Skinhead ein Plakat mit der Forderung "Asylrecht bewahren" und irgendeinem Paragraphen. Er marschierte im linken Block mit. Im STERN fand man sein Foto mit der Unterzeile "Rechte machen sich über die Demo lustig". Naja, so paßt es dann ins Weltbild.

Wenn Sie diese Sachen ansatzweise interessant finden – und immerhin haben Sie bis hier gelesen, Respekt – dann empfehle ich Ihnen die Bücher von George Marshall (ein britischer Herausgeber und selbst Skinhead) oder Klaus Farin (Klaus? Ich glaube), der als Außenseiter sehr neutral, sehr fair und oft schmerzhaft ehrlich ans Thema geht. Schmerzhaft für beide Seiten - als Farin mal eine Diskussion zwischen Naziskins und Türkengangs moderierte, wurde er fast abgestochen. Die türkische Position zu Kurden, Frauen und Schwulenrechten erinnerte ihn sehr an die Naziargumentation. Das wollte keiner hören.

Entschuldigen Sie bitte die Länge dieses Beitrags. Wie Goethe mal sagte, ich hatte keine Zeit für einen kurzen Brief.

Sollte ich mich eigentlich registrieren, damit man Finessen per Mail/PN klären kann, oder ist das Thema auch für andere interessant? Empfinden Sie es als unhöflich, wenn ich als Gast so viel schreibe?

Beste Grüße,
D.
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lenin
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Beitrag von lenin »

Bei einem meiner letzten London-Aufenthalte erstöberte ich in einem der typischen Nostalgie-Läden auf der Carnaby Street eine unfassbar schöne Jacke. Sie war dunkelblau, innen britenkarogemustert, warm, gemütlich und bei allem Brit-Pop-Fashion-Charme auch noch richtig schick, nahezu familienfeierntauglich. Sie roch geradezu nach Mod-Kultur. Den Namen Lonsdale hatte ich zwar schon Mal gehört, aber als modemarkenbezüglich recht ahnungsloser Mensch, fand ich einfach nur, dass der Schriftzug sehr schön sei. Die Jacke gab’s in allen erdenklichen Größen, bloß nicht in meiner. „Is ma wieder typisch“, dachte ich und zog betrübt von dannen.
Zu Hause erzählte ich einer Freundin von dem traurigen Einkaufserlebnis und musste mir in etwa folgendes anhören: was für ein Glück ich verdammt noch Mal gehabt hätte, und ob ich denn nicht wüßte, dass das die Skinheadmarke schlechthin sei etc pp.
Ehrlich gesagt, war ich dann wirklich froh. Denn da ja auch meine Frisur zum Image trefflich gepasst hätte, dachte ich , ähnlich wie Herr Chobatey, wie ich es denn militanten Antifas oder türkischen Jugendgangs hätte klar machen sollen, dass ich das eher so modmäßig und kennt ihr nicht The Jam? The Jam? das waren noch Zeiten usw.
Bin mir nicht sicher, ob man mich hätte ausreden lassen. Bin aber auch immer noch unschlüssig, ob man sich derlei mißgeleiteten gesellschaftlichen Wahrnehmungen wirklich kampflos ergeben muss, oder ob sich nicht die normal gebliebenen gerade solch verlorenes Terrain ostentativ zurückerobern sollten. „Wildern im Feindesland“ nannte Adorno einmal eine seiner Hauptstrategien. Die Skins machen es einem ja geradezu vor, wie man einigen der obigen Postings entnehmen kann, und scheuen sich nicht, Schlagworte und Symbole aus eigentlich feindlicher Subkultur für sich zu beanspruchen. Vielleicht sollte man häufiger mit gleicher Waffe zurückschlagen. Schließlich ist diese Strategie ja auch der eigentliche Kern der Symbolik ursprünglicher Mod-Kultur gewesen, damals in Form von Armeejacken mit Union Jack (einfacher: Parkas), Royal-Air-Force-T-Shirts und ähnlichem.
By the way: Herr/Frau Domstadt: melden sie sich doch an. Sie scheinen ja einiges zu sagen zu haben, und das Herz am rechten Fleck zu haben. Sowas können wir hier, wie überall, gut gebrauchen.
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MMC
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Beitrag von MMC »

Ich verfolge diesen Thread mit Interesse, daher erwaehne ich das folgende, was mir sonst nicht erwaehnenswert scheinen wuerde: In letzter Zeit sind mir (in England) oefters Briten begegnet, die mit einem "Bundeswehrparka", oder mindestens mit einer militaeraehnlichen Jacke herumlaufen, die aber eben nun die deutsche Fahne (schwarz/rot/gold) auf der Schulter aufgenaeht hat. Was dies bedeutet, oder ob es ueberhaupt etwas bedeutet - ich weiss nicht, vielleicht weiss einer der Experten etwas.
justine
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Beitrag von justine »

Soweit ich das sehen kann, werden Bundeswehrjacken und -hemden in England (wie auch in Deutschland) hauptsächlich von Indiekids getragen (also den Nachfolgern der Mods, wenn man so will). Der Unterschied besteht darin, dass man in Deutschland einen dicken schwarzen Edding nimmt und die Deutschlandflagge übermalt, während das in England nicht für nötig gehalten wird. Man kann dort ja auch nicht so leicht für einen Wehrpflichtigen auf Wochenendheimfahrt gehalten werden.
Ich glaube, eine der grössten Attraktionen dieser Kleidungsstücke ist, dass sie sehr billig sind (bestimmt unter 5 Pfund für ein Hemd).
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The Mars Volta
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Beitrag von The Mars Volta »

justine hat geschrieben:Der Unterschied besteht darin, dass man in Deutschland einen dicken schwarzen Edding nimmt und die Deutschlandflagge übermalt, während das in England nicht für nötig gehalten wird.
An dieser Stelle bitte ich um Bestätigungen dieses Phänomens da es sich hierzulande nicht so verhält. Vielleicht mag es an dem wiedererstarkenden "Patriotismus" der deutschen Jugend liegen oder aber an ihrer Faulheit, denn wo ich auch hinsehe: Bundeswehrparka mit gut sichtbaren und unbeeddingten Deutschland-Flaggen.
Die Träger dieser Jacken scheint das genau so wenig zu stören wie das langsam schon übertrieben wirkende Getrage dieser Jacke seitens beinahe jedem der sich eher links von der Mitte sieht (politisch oder modisch).
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HellBoy
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Beitrag von HellBoy »

Bestätigung!
Ja auch ich habe ungeeddingte Parkas gesehen, aber auch geeddingte. Erstere sind allerdings in der Tat häufiger, während man letztere nur noch in Studentenparlamenten und auf Bauwagenplätzen findet.
Kann sein, kann auch nicht sein.
Man weiss es nicht.
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hessen-wohin
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Beitrag von hessen-wohin »

The Mars Volta hat geschrieben: Lieber Domstadt, ihre Mods, Street-Mods, Skins und Von-Hippies-Abgrenzer haben aber einen sehr, sehr, seeeehr langen Draht, oder?
Keineswegs. Vielmehr muss man sich fragen, wie idiotisch man sein muss, um auf die Idee zu kommen, irgendwelche Buchstabenfolge im Markennamen würde jemanden zum Kauf veranlassen. Und das fehlende P? "Ja... äh, damit gehen die Skins sicher, dass sie nicht verfassungsfeindlich...äh". Haha, ich kann mir richtig vorstellen, wie ein verschlafener Journalist frühmorgens in diesen Untiefen kreuzt und hofft, niemand werde beim Korrekturlesen seines Textes auf irgendwelche Logik oder Stichhaltigkeit bestehen. Und natürlich stört das niemanden. Dass dann Andere das einfach so ohne gross nachzudenken abschreiben und übernehmen, ist ja fast schon eine Selbstversändlichkeit und gehört bei den Massenmedien genauso dazu, wie das Credo, dass Berichte über Subkulturen grundsätzlich aus verdrehten Tatsachen, Ungenauigkeiten und Unsinn bestehen müssen.
Im Übrigen geistert diese Behauptung bestimmt noch keine 10 Jahre durch die Medien (während Skins aller Couleur Lonsdale trugen, soweit ich mich an Skins erinnern kann, also mindestens seit den frühen 80er), man könnte also mit etwas Geduld und Mühe den Verbreitungsweg rekonstruieren und den Urheber vielleicht dingfest machen. Wäre das nicht eine interessante Aufgabe für einen Studenten der Medienwissenschaften? Sind solche unter uns?
katchoo hat geschrieben:...und fragt sich, wie man ein Polo-Shirt mit schwarz-weiß-rotem Kragen zu deuten hat.
Das ist natürlich eindeutig. Damit signalisiert der Nationalsozialist seine Gesinnung. Die Beinharten unter diesen sind für Eingeweihte übrigens leicht zu erkennen: sie tragen Anzüge von Paul Smith und hören die White Stripes


Zur Ontogenese dieses Stranges: nachdem terf den ursprünglichen Strang geteilt hat, verschob er beide Teile in das Kulturforum. Bei Faschismus schien das noch gerechtfertigt, von wegen Gesellschaftsphänomenologie usw., bei dem Kleiderfragen Tangierenden hingegen nicht so sehr, so dass ich unbeirrt und leichter Hand diesen zweiten in die Lobby schickte (zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich die Beiträge nur überflogen hatte, wichtige Beschäftigungen, wie z.b. stundenlanges, uneingeschränke Aufmerksamkeit verlangendes Observieren meiner Downloads, Meditieren, endloses Verschieben von Karten bei den zahlreichen Solitärspielen, die uns Windows bietet, hielten mich unerbittlich davon ab. Mittlerweile habe ich das nachgeholt, sehr zu meinem Gewinn). Es dauerte nicht lange, bis terf wieder den Strang zurückverschob. Ein Machtkampf bahnte sich an! Ich war elektrisiert. Das war ganz klar ein Eingriff in meine moderativen (sagt man moderativ? es ist schon so spät, bitte entschuldigen Sie, falls es dieses Wort nicht gibt) Rechte. Entschlossen, keineswegs nachzugeben und notfalls solange Widerstand zu leisten, bis der Strang in der Lobby bleibt oder terf mir die Moderation wegnimmt, ging ich zur Arbeit. Als ich dann morgens zurückkam, fand ich zur meiner Überraschung den ontologischen Einwurf Mirmans, der den Verbleib im Kulturforum mehr als rechtfertigt. So hat sich die Sache auf diese unerwartete Weise erledigt. Sie können mir aber glauben, dass ich terf unter keinen Umständen nachgegeben hätte und nur rein sachliche Erwägungen mein Umdenken verantworten.

@Domstadt: melden Sie sich bitte umgehend an, darauf muss ich bestehen.
Domstadt

Beitrag von Domstadt »

Mach ich. Übrigens ein letztes noch zum Thema "loNSDAle": Es wird immer wieder (ab-)geschrieben, daß Rechte ihre Jacken so öffnen, daß man "NSDA" lesen kann.
Versuchen Sie das einmal.

Bis später,
Domstadt
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katchoo
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Registriert: Fr Okt 03, 2003 9:47 am

Beitrag von katchoo »

hessen-wohin hat geschrieben:Keineswegs. Vielmehr muss man sich fragen, wie idiotisch man sein muss, um auf die Idee zu kommen, irgendwelche Buchstabenfolge im Markennamen würde jemanden zum Kauf veranlassen. Und das fehlende P? "Ja... äh, damit gehen die Skins sicher, dass sie nicht verfassungsfeindlich...äh". Haha, ich kann mir richtig vorstellen, wie ein verschlafener Journalist frühmorgens in diesen Untiefen kreuzt und hofft, niemand werde beim Korrekturlesen seines Textes auf irgendwelche Logik oder Stichhaltigkeit bestehen. Und natürlich stört das niemanden.
[...]
Im Übrigen geistert diese Behauptung bestimmt noch keine 10 Jahre durch die Medien (während Skins aller Couleur Lonsdale trugen, soweit ich mich an Skins erinnern kann, also mindestens seit den frühen 80er), man könnte also mit etwas Geduld und Mühe den Verbreitungsweg rekonstruieren und den Urheber vielleicht dingfest machen. Wäre das nicht eine interessante Aufgabe für einen Studenten der Medienwissenschaften? Sind solche unter uns?
Nein, ich denke, diesen Vorschlag sollten Sie dann doch eher den AntiFa-Gruppen vortragen, die sich da seit Jahren die Zeit mit vertreiben und ganze Reader dazu verfaßt haben. Die werden sich für die Anregung bedanken (wahrscheinlich wissen die schon, wer das war!). Oder Sie beweisen selbst, daß das auf dem Mist irgendeines Journalisten gewachsen ist.

Was das fehlende P angeht: Dafür kann man dann ja auch "Consdaple" tragen, dann ist das ganze vollständig und die politische Orientierung klar (wenn man dem, was Google so auswirft, wenn man nach "lonsdale" und "consdaple" sucht, Glauben schenken möchte)..

Mag ja sein, daß in den frühen 80ern alle Skins in Lonsdale umherzogen (Google-Ergebnisse sprechen von Mitte 80er, Anfang 90er). Dazu kann ich aufgrund meiner provinziellen Herkunft nichts beitragen. Da hat man zu der Zeit überhaupt keine Skins gesehen, weder rechte noch linke. Mittlerweile gibt's die auch da und wahrscheinlich weitestgehend rechte.

Vielleicht geistert das erst seit weniger als zehn Jahren durch die Presse. Die Lonsdale-Geschichte ist mir aber mindestens so lange bekannt und somit wahrscheinlich sehr vielen Leuten schon wesentlich länger.
Flek
Beiträge: 2
Registriert: Sa Okt 09, 2004 9:44 am

Beitrag von Flek »

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Domstadt

Beitrag von Domstadt »

Mit Verlaub, katchoo, das klingt so, als wollten Sie's uns Experten, Augenzeugen, Beobachtern und Teilnehmer diverser "Jugend-"Kulturen schlichtweg nicht glauben. Sicher kann man Google-Ergebnisse und Antifa-Reader anführen – m.E. aber nur als erste Orientierung. Ich finde, jedoch, wir waren schon weiter.
Mich erinnert die Debatte ein wenig an die Frage, ob es einen Freimaurerhandschlag gibt.
Ich kann ja nichts dafür, daß die NSDA-Geschichte so verdammt plausibel klingt. Sie entsprach trotzdem damals nicht den Tatsachen, und tut's heute auch nur insoweit, wie diverse Nazikids die Medienhype lesen und ernstnehmen.
Ich meinte das schon ernst: Versuchen Sie mal, die Jacke so weit zu öffnen, daß NSDA zu lesen ist. Oder suchen Sie vielleicht mal nach Fotos, die diese Theorie belegen. Es geht nämlich nur, wenn man fürs Foto stillsteht (und erst nach minutenlangem Zurechtgezupfe und -gedrehe).

Herr Hessen-wohin, Chapeau. So prägnant hätte ich es auch gern ausgedrückt. Gleich heute melde ich mich an und gehe nie wieder.
Gruß,
D.
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katchoo
Beiträge: 214
Registriert: Fr Okt 03, 2003 9:47 am

Beitrag von katchoo »

Domstadt hat geschrieben:Mit Verlaub, katchoo, das klingt so, als wollten Sie's uns Experten, Augenzeugen, Beobachtern und Teilnehmer diverser "Jugend-"Kulturen schlichtweg nicht glauben. Sicher kann man Google-Ergebnisse und Antifa-Reader anführen – m.E. aber nur als erste Orientierung. Ich finde, jedoch, wir waren schon weiter.
Mich erinnert die Debatte ein wenig an die Frage, ob es einen Freimaurerhandschlag gibt.
Ich kann ja nichts dafür, daß die NSDA-Geschichte so verdammt plausibel klingt. Sie entsprach trotzdem damals nicht den Tatsachen, und tut's heute auch nur insoweit, wie diverse Nazikids die Medienhype lesen und ernstnehmen.
Ich meinte das schon ernst: Versuchen Sie mal, die Jacke so weit zu öffnen, daß NSDA zu lesen ist. Oder suchen Sie vielleicht mal nach Fotos, die diese Theorie belegen. Es geht nämlich nur, wenn man fürs Foto stillsteht (und erst nach minutenlangem Zurechtgezupfe und -gedrehe).
Kein Zweifel daran, daß das nicht so ohne weiteres paßt, daß das genau so aussieht - allerdings darf der Senkrechtbalken des L ja ruhig auch noch dazu. Der sieht beim P bestimmt nicht viel anders aus. Haben Sie sich eigentlich mal gefragt, ob's den Herren und Damen Nazis nicht vielleicht eigentlich wurscht ist, ob stets gelingt, genau das NSDA rausgucken zu lassen, wenn's wenigstens theoretisch möglich ist?

Ansonsten möchte ich nicht unbedingt bezweifeln, daß Sie sich in allerlei Subkulturen rumgetrieben haben. Aber wer hat Ihnen denn erzählt, was ich die letzten 20 Jahre getrieben habe? Und warum sollte diese Sitte gerade in Ihrem direkten Umfeld, überhaupt auch nur in Ihrer Stadt aufgekommen sein? Sie sind doch nicht das Teenage-Dresscode-Patentamt, oder etwa doch?

Haben Sie hier irgendwo bewiesen, daß der NSDA-Unfug nicht irgendeinem durchgeknallten Nazihirn entsprungen ist und von da aus weiterverbreitet wurde? Und können Sie den Medienhype, der hier bisher immer als ein erst vor kurzem aufgetretenes Phänomen bezeichnet wurde, auch schon vor zehn Jahren nachweisen? Müßte es ja da schon gegeben haben, wenn die da schon, ohne von selbst drauf gekommen zu sein, so rumliefen und ungefähr so lange ist die Geschichte mir schon bekannt (und das nicht aus der Presse), wenn ich's nochmal wiederholen darf.

Und ebenfalls nochmal: Warum sollte ein anscheinend nachgewiesen Rechtsextremer zufällig gerade dann Consdaple gründen, wenn sich Lonsdale gegen dieses Image wehrt?

Auch habe ich nicht mal eben gegoogelt, weil ich den Herren Koryphäen unbedingt irgendwie widersprechen wollte, sondern weil ich keine Lust habe, den kompletten, mindestens 13 Jahre zurückreichenden Papierkram zum Thema, auf den ich Zugriff hätte, durchzuforsten, um zu gucken, wo das da wann zum ersten Mal aufgetaucht ist und meine persönlichen Erinnerungen, die sicherlich nicht unfehlbar sind, zu bestätigen.

Aber wenn mir das nächste Mal mein Lieblingsskin (den ich in den letzten 15 Jahren noch nicht in Lonsdale gesehen habe) über den Weg läuft (was allerdings nicht sehr häufig vorkommt), frag ich den mal nach seiner Meinung zum Thema und werde das Ergebnis ggf. gerne hier präsentieren.

Außerdem ist es egal, wer sich das ausgedacht hat, haben sie's doch übernommen, woran Sie nicht zweifeln, Herr Hessen aber schon (von wegen, wer sich das denn deshalb kaufen würde usw.).

Und, wie kommen Sie darauf, daß wir (wer sind wir überhaupt?) tatsächlich weiter sind als alle möglichen anderen Leute?

Kann mir nicht helfen, aber ihr letzter Beitrag klingt irgendwie überheblich.
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Cherno Jobatey
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Registriert: Mi Dez 04, 2002 12:53 am

Beitrag von Cherno Jobatey »

Es haben sowohl Domstadt als auch ich offenbar das Gefühl, daß man diese ganzen Zeichenzuordnungen besser als fließende begreift. Die Mehrdeutigkeit und Mißverständlichkeit bestimmter Zeichen scheint ja grade das zu sein, was Jugendliche so an ihnen reizt (eben weil sie mißverstanden werden <i>wollen</i>).

<a href="http://de.safeurl.de/?http://www.doitscher-skinhead.de/" target="_blank" class="postlink">Hier</a> haben wir zum Beispiel die Homepage eines <i>schwulen</i> Skinheads (der sich auch recht ausführlich mit der <a href="http://de.safeurl.de/?http://www.doitsc ... istory.htm" target="_blank" class="postlink">Geschichte</a> der Skinbewegung befaßt). Er ist schwul, er ist <i>doitsch</i>, er kokettiert mit der Gewalt - aber er verwahrt sich dagegen, Neonazi oder Rassist zu sein.

Für jeden, der ein Zeichen sozusagen schulmäßig verwendet (Skin = Neonazi), gibt es offenbar auch einen, der damit nur spielt. Säuberlich geordnet und voneinander getrennt sind die Subkulturen vielleicht nur in der Vorstellung der Journaille.

Daß <i>Lonsdale</i> wegen der besagten Buchstabenfolge von vorneherein von Rechten okkupiert wurde, erscheint mir ebenfalls abwegig. Daß aber durch beharrliches mediales Wiederkäuen allmählich eine Wandersage entstanden ist, an die die Rechten mittlerweile durchaus selber glauben - das kann ich mir schon vorstellen. <i>Si non e vero, e ben trovato</i>. Traditionen beginnen damit, daß sie erfunden werden (vgl.: Eric Hobsbawm/Terence Ranger (Hrsg.): The Invention of Tradition, Cambridge 1983).
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