Teenage Dresscodes

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MMC
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Beitrag von MMC »

Jürgen W. Möllemann hat geschrieben:
Lennartz hat geschrieben:Auch www,Tagesschau.de widmet sich den rechten Modemarken
MMC hat geschrieben:Da gibt es inzwischen einen laengeren Artikel bei tagesschau.de zu:
»Inzwischen«! Ha!
Aprilfischer hat geschrieben:Sehr geehrter Herr C,
vielen Dank für den Hinweis auf einen durchaus schockierenden Beitrag.
Werden Lennartz und ich hier gemobbt oder was?
Was hat ein <i>Tagesschau.de</i>-Artikel vom November, das ein <a href="http://www.superlupo-magazin.de/viewtop ... 7005#27005" target="_blank" class="postlink">SZ-Artikel vom August</a> - dem dieser <i>Tagesschau.de</i>-Artikel eh nur nachempfunden ist - nicht hat? Wo bleibt der Observierer, wenn wir ihn wirklich brauchen?
Ja da muss ich mich an den Kopf fassen, poste ich doch (versehentlich) den gleichen Link wie der Herr Lennartz und nicht nur, dass ich dann den ueblichen verdienten Anschiss bekomme, sondern sogar noch Lob fuer die Information.
Dass sich die oeffentlich-rechtlich abesicherte Information nicht mit einem Artikel in der privaten Presse vergleichen laesst, Herr Moellemann, sollte allerdings ebenso klar wie offensichtlich sein.
Domstadt

Gast

Beitrag von Domstadt »

Guten Tag zusammen.
Ich glaube, daß beim Thema "rechte Modemarken" viel Unsinn verzapft wird. Zum Beispiel Lonsdale – getragen seit 1964 in britischen Mod-Kreisen. Ab 1978 wieder populär dank Paul Weller in Jam-Videos. Als Mod-Marke akzeptabel für Original-Skins geworden, zumal der Sportbezug abgrenzte zu Psychedelic- und Hippie-Klamotten. In der Folge von Skins und Streetmods getragen, und zwar unabhängig von politischer Orientierung. Dann fiel jemandem auf, daß "NSDA" in der Buchstabenfolge steckt. Lustig, dachten sich Rechte wie Linke. Die Erkenntnis machte als Witz die Runde. Bis sie an die Presse geriet. Diese schlußfolgerte: Das "NSDA" ist ja wohl der Grund für den Kauf. Der nächste schrieb's ab, weil's so einleuchtend klingt. Nach ein paar Jahren Abschreiben und Mythenbilden geht's mittlerweile so rein in die jungen Köpfe. Selbsterfüllende Prohezeiung? Vielleicht weniger. Wohl eher wieder die Kraft einer guten Geschichte, die die langweilige, bedeutungsarme Realität verdrängt. Siehe auch der freierfundene "Schnürsenkelcode" bei Martens: Humbug.
Übrigens bin ich sicher, daß ohne rechtes (sprich: hartes, tabuverletzendes) Markenimage Lonsdale, Perry und Sherman nicht mehr, sondern weniger verkaufen würden.
So, das wollte ich denn doch mal gesagt haben.
Liebe Grüße,
D.
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The Mars Volta
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Re: Gast

Beitrag von The Mars Volta »

Domstadt hat geschrieben: Ich glaube, daß beim Thema "rechte Modemarken" viel Unsinn verzapft wird. Zum Beispiel Lonsdale – getragen seit 1964 in britischen Mod-Kreisen.
Können sie das bestätigen, Pelzer, terf oder Iggy?

Ansonsten finde ich ihre Theorie ja sehr interessant und auch schön zu lesen aber werde mich wohl in Zukunft in angeregten Diskussionen über rechtsradikale Kleidung und antisemitische Schuhschnürungen weiterhin auf die von den Medien verbreitete Theorie stützen als auf ihre. Und auf meine bisherigen Erlebnisse mit Lonsdale-Jacken und -Pullis die in Läden zur Schau stehen die auch Kleidung der nett klingenden Textil-Firma "Masterrace" sowie bestimmt das eine oder andere Messerschen verkaufen.

Es ist also laut ihnen so dass die Marke Lonsdale schon seit den Sechzigern von Mods oder zumindest in solchen Kreisen (verzeihen sie bitte mein Unwissen bezüglich britischer Mod-Kultur oder überhaupt bezüglich Mods, was auch immer das für Menschen sind) getragen, dann nicht mehr, dann doch wieder! Dank Paul Weller. Da kam der Skin daher, kurz nach der fixen Idee, sich doch die Haare ab zu machen. Nahm die Jacke, zog sie an und war froh. Blablabla, auf einmal entdeckte man: "He he, da steht ja NSDA in der Mitte. Ha ha!" und geboren war das fiese Gerücht. Soweit richtig?

Lieber Domstadt, ihre Mods, Street-Mods, Skins und Von-Hippies-Abgrenzer haben aber einen sehr, sehr, seeeehr langen Draht, oder?
Domstadt

Gast

Beitrag von Domstadt »

Hallo Herr Volta. Ja, so ist das. Extrem lange Leitung. Mag auch daran liegen, daß nicht jeder nach Buchstabenkombinationen innerhalb von Markennamen sucht, die mit einem Teil einer nationalsozialistischen Abkürzung identisch ist. Ich weiß nicht, ob Sie Levis' StaPrest-Hosen tragen. (Das waren die Hosen, für die Flat Eric geworben hat.) Falls ja: Ist Ihnen aufgefallen, daß in der Buchstabenkombination das "stap" von GESTAPO steckt? Sehnse.

Ansonsten müssen Sie sich von mir aus für kein Unwissen entschldigen. Ich weiß auch viele Dinge nicht.
Aber Ihre kurze Zusammenfassung ist: Soweit richtig.

Beste Grüße,
D.
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Olaf Ittenbach
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Beitrag von Olaf Ittenbach »

Wenn Sie wissen wollen was Mods sind, Herr Volta, sollten sie sich mal den Film "Quadrophenia" ansehen.
Ansonsten: http://de.wikipedia.org/wiki/Mod_%28Subkultur%29

Edit: ist "stüSSy" eigentlich euch eine Nazimarke? Das sieht doch sehr Runenhaft aus
Bild

Oder BeNNeton (NN=NeoNazi, auch umdeutbar zum HH)
Und LaCOSte ist die Marke der Mathematiker?
Der verbreitetste Ruffel ist der Unruffel!
Domstadt

Gast

Beitrag von Domstadt »

Tsss, Wickipedia ... schreiben tatsächlich "Psychodelic". Seufz.
Na klar, Quadrophenia. Paßt schon. Es hält sich auch das hartnäckige Gerücht, daß Tony Blair Mod war. Da solle es ein Foto von einem 79er Jam-Auftritt geben, wo Blair mit Harrington und Perry ...
aber ich habe schon zuviel gesagt. Herr Volta, das "NSDA"-Kürzel ist m.E. BESTIMMT ein Kaufgrund für viele verwirrte Jugendliche. Nur war es das nicht immer (das weiß ich), sondern ist durch die Presse herbeigeredet worden (das glaube ich). (Und zwar ziemlich fest.)
Beste Grüße,
Domstadt
(D für Deutschland, o für die O in "1000jährig", ms für Maso-Skin, stadt für Theresienstadt.)
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Jürgen W. Möllemann
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Beitrag von Jürgen W. Möllemann »

<i>@ Aprilfischer & MMC:</i>
Tatsache bleibt, daß Sie auf einen völlig korrekten Gesprächsbeitrag von mir einfach nicht eingegangen sind. Daß Sie ihn - genau wie auch den von Lennartz - überhört und wie Luft behandelt haben. So, als wäre ich gar nicht da.

Kein Wunder, daß ich da an Mobbing denke! Schließlich suche auch ich - wie jeder hier - sozialen Anschluß, Anerkennung usw. usf.
Ich hoffe, mit dem folgenden Artikel habe ich mehr Glück!?
Badische Zeitung vom 26. 11. 2004 hat geschrieben:
Richter verbieten typische Neonazi-Klamotten

Rechtsradikale in Berlin müssen T-Shirts der Marke "Thor Steinar" ausziehen, auf denen runenähnliche Embleme gedruckt sind

Von unserer Korrespondentin Katja Bauer

BERLIN. Der rechten Szene geht es auf neue Art an den Kragen: Polizisten beschlagnahmen jetzt auf offener Straße T-Shirts. Denn Gerichte halten das Runenlogo der Neonazi-Kultmarke "Thor Steinar" für illegal.

Den jungen Männern, die neulich vor der Russischen Botschaft in Berlin ihr Mütchen kühlen wollten, dürfte das Lachen in kühler Herbstnacht vergangen sein. Gerade hoben sie den Arm zum Hitlergruß, und aus einem Handy schallte eine Führer-Rede mit den Worten "Sieg Heil!" als Klingelton, da traf die Polizei ein. Und die Beamten nahmen nicht nur die Personalien auf, sondern behielten auch fünf Pullover und eine Mütze. Nun wird wegen des Tragens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Darauf stehen Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Selten sind auch die härtesten unter den braunen Gesellen so dumm, dass sie ganz offen ein Hakenkreuz trügen. Längst hat sich ein eigener Dresscode entwickelt, dessen Mode und Marken immer unauffälliger werden. Waren es vor Jahren noch Springerstiefel und Bomberjacken, so kann man heute einen Rechten oft auf den ersten Blick kaum von einem Rapper unterscheiden.
Zu den Kultmarken der Szene gehört die Neuruppiner Firma "Thor Steinar" mit ihrem Logo, das aus verfremdeten altgermanischen Runen besteht. Der nordische Look lässt sich unschwer mit dem Nationalsozialismus assoziieren. Das hielt bisher niemand für strafrechtlich relevant. Seit einiger Zeit aber beschlagnahmen Polizisten T-Shirts.
Nun hat das Landgericht Neuruppin die Beschwerde eines Mannes zurückgewiesen, dessen Hemd eingezogen worden war. Das Gericht berief sich darauf, dass das Logo den Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen zum Verwechseln ähnlich sehe. Es enthalte die Tyr-Rune, die Wolfsangel und auch eine verfremdete Sig-Rune - Symbole beispielsweise von SA-Reichsführerschulen oder einer SS-Grenadierdivision. Die Firma wurde durchsucht, Kleidung beschlagnahmt. Jetzt vertreibt sie "wegen der rechtlich ungeklärten Situation" ihre Kleidung zunächst ohne Logo. "Es wird nicht lange dauern, bis das Verbot mit einer neuen Marke oder neuen Codes unterlaufen wird", sagt Bianca Klose vom Berliner Beratungsteam Rechtsextremismus. Schon jetzt trägt mancher Neonazi ein Bild von Che Guevara auf der Brust.
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Cherno Jobatey
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Re: Gast

Beitrag von Cherno Jobatey »

Domstadt hat geschrieben: Ich glaube, daß beim Thema "rechte Modemarken" viel Unsinn verzapft wird. (. . . )
- D'accord, Domstadt.

In der Anfangsphase dürfte die Entscheidung, was zum Zeichen für was erklärt wird, eine ziemlich zufällige und willkürliche sein. Einerseits. Andererseits kristallisiert sich so ein Zeichensystem irgendwann halt doch verbindlich heraus. Die Medien leisten Geburtshilfe, aber ohne die Medien geschähe es wohl auch.

Die Verbindlichkeit ist natürlich wieder nur eine vorübergehende; ein schönes Beispiel dafür wäre - wenn es denn stimmt - der gegenwärtige Bedeutungswandel des Che-Guevara-Konterfeis, von dem am Ende dieses Artikels hier die Rede ist:
Badische Zeitung vom 26. 11. 2004 hat geschrieben:
Richter verbieten typische Neonazi-Klamotten

Rechtsradikale in Berlin müssen T-Shirts der Marke "Thor Steinar" ausziehen, auf denen runenähnliche Embleme gedruckt sind

Von unserer Korrespondentin Katja Bauer

BERLIN. Der rechten Szene geht es auf neue Art an den Kragen: Polizisten beschlagnahmen jetzt auf offener Straße T-Shirts. Denn Gerichte halten das Runenlogo der Neonazi-Kultmarke "Thor Steinar" für illegal.

Den jungen Männern, die neulich vor der Russischen Botschaft in Berlin ihr Mütchen kühlen wollten, dürfte das Lachen in kühler Herbstnacht vergangen sein. Gerade hoben sie den Arm zum Hitlergruß, und aus einem Handy schallte eine Führer-Rede mit den Worten "Sieg Heil!" als Klingelton, da traf die Polizei ein. Und die Beamten nahmen nicht nur die Personalien auf, sondern behielten auch fünf Pullover und eine Mütze. Nun wird wegen des Tragens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Darauf stehen Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Selten sind auch die härtesten unter den braunen Gesellen so dumm, dass sie ganz offen ein Hakenkreuz trügen. Längst hat sich ein eigener Dresscode entwickelt, dessen Mode und Marken immer unauffälliger werden. Waren es vor Jahren noch Springerstiefel und Bomberjacken, so kann man heute einen Rechten oft auf den ersten Blick kaum von einem Rapper unterscheiden.
Zu den Kultmarken der Szene gehört die Neuruppiner Firma "Thor Steinar" mit ihrem Logo, das aus verfremdeten altgermanischen Runen besteht. Der nordische Look lässt sich unschwer mit dem Nationalsozialismus assoziieren. Das hielt bisher niemand für strafrechtlich relevant. Seit einiger Zeit aber beschlagnahmen Polizisten T-Shirts.
Nun hat das Landgericht Neuruppin die Beschwerde eines Mannes zurückgewiesen, dessen Hemd eingezogen worden war. Das Gericht berief sich darauf, dass das Logo den Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen zum Verwechseln ähnlich sehe. Es enthalte die Tyr-Rune, die Wolfsangel und auch eine verfremdete Sig-Rune - Symbole beispielsweise von SA-Reichsführerschulen oder einer SS-Grenadierdivision. Die Firma wurde durchsucht, Kleidung beschlagnahmt. Jetzt vertreibt sie "wegen der rechtlich ungeklärten Situation" ihre Kleidung zunächst ohne Logo. "Es wird nicht lange dauern, bis das Verbot mit einer neuen Marke oder neuen Codes unterlaufen wird", sagt Bianca Klose vom Berliner Beratungsteam Rechtsextremismus. Schon jetzt trägt mancher Neonazi ein Bild von Che Guevara auf der Brust.
Domstadt

Gast

Beitrag von Domstadt »

Ja, das ist wirklich interessant. Dann wäre also das Tragen von Runen verboten. Das wär ja auch nur logisch.

Die Guevara-Besetzung durch Rechte kann ich nur bestätigen. Analog der Besetzung der Begriffe "Widerstand" und "Anderdenkende".

Allerdings scheint mir der Artikel erneut einem Irrtum aufzusitzen. Er suggeriert, die selben Nazis wären früher mit Springern und Bomberjacke rumgelaufen, und würden jetzt "Rapper"-Klamotten tragen. Wenn Sie mal die Aufzeichnungen der Ausschreitungen in Rostock sehen, werden Sie keine Glatzen, Lonsdale oder Martens finden - sondern damals schon Hoodies, Sneakers und Malcom-X-Kappen.

Außerdem würde ich "geplante" Nazimarken wie Steinar, Masterrace und Landser doch lieber scharf trennen von Marken, die teil- und zeitweise gekidnapped werden: Lonsdale, Everlast, Fred Perry, Ben Sherman, Levis, Martens, Lee, Pringle.

Ich empfehle eh "The Spirit of 69". Ebenfalls eine Marke mit Street Credibilty, sehr funktional (in die Innentasche der Harrington paßt eine Bierdose), smart geschnitten und garantiert ideologiefrei. Daher auch der Untertitel des Labels "Original Mod Wear".

Was ist eigentlich die Wolfsangel?

Beste Grüße,
Domstadt
Domstadt

Beitrag von Domstadt »

Glatt vergessen, wofür Google gut ist. Wolfsangel, aha. Man lernt nie aus. Immerhin angeblich seit 1982 verboten (wenn ich's richtig gelesen habe). Zumindest "in politischem Zusammenhang".
Heißt das: So ein Steinar-T-Shirt ist legal auf einer Butterfahrt; illegal auf einer Demo? Cra-zy. Bei mir um die Ecke gibt's einige Läden für Germanendevotionalien (Thorshammer, Runen, Kettenhemden, Reenactmentzeugs und Sammlerstücke) - diese Sachen darf man also kaufen und tragen, muß sie aber im "politischen Zusammenhang" ablegen? Brilliant. Aber paßt ganz gut zu einem System, in dem man Parteien wählen darf, die man nicht wählen darf.
Ich glaub ich leg mich wieder hin.
Gruß,
D.

(Übrigens stimme ich Ihnen auch zu, was die "Zeichen" betrifft. Nur beim Wort "verbindlich" nicht. Denn wie hätte man sich diese Verbindlichkeit vorzustellen im Falle New Balance oder Lonsdale? Tut mir leid, aber gerade in der Un-verbindlichkeit und damit Unverfänglichkeit der Zeichen scheint ihr Erfolg, ihre Kraft und ihr Mythos zu liegen.)
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Cherno Jobatey
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Registriert: Mi Dez 04, 2002 12:53 am

Beitrag von Cherno Jobatey »

Domstadt hat geschrieben:( . . . ) - diese Sachen darf man also kaufen und tragen, muß sie aber im "politischen Zusammenhang" ablegen? Brilliant.
Nun - irgendwie und irgendwann <i>muß</i> die Gesellschaft reagieren, nicht wahr? Denn das ist ja das Spiel: die Jugend provoziert, die Gesellschaft läßt sich nicht provozieren, die Jugend provoziert ein bißchen mehr - - - etc. etc. Und <i>wenn</i> die Gesellschaft dann reagiert, empört sich die Jugend. »Was habe ich denn getan? Was regt ihr euch auf?«

- Als Skins und Neonazis noch halbwegs neu waren (80er), habe ich mal einen Skin kennengelernt, der komplett wie einer ausstaffiert war, aber (durchaus glaubhaft) leugnete, einer zu sein. Er sein ein - wenn ich mich recht erinnere - <i>(engl. ausgesprochen)</i> »Herbert«, und »Herberts« unterschieden sich von den Skinheads eben genau dadurch, daß sie <i>links</i> seien.

Der Gebrauch von Provokationssymbolik mit gleichzeitiger (durchaus ehrlich empfundener) Empörung darüber, daß man »nur aufgrund von Äußerlichkeiten« von den anderen »in eine Schublade gesteckt« werde (vergleiche auch: Schickelhubes Freude am Hakenkreuz!) - das ist ja ein Verhalten, um das man als Jugendlicher kaum herumkommt.

Natürlich: die Obrigkeit macht sich lächerlich, wenn sie Schnürsenkelfarben u. ä. kontrolliert, interpretiert und verbietet. Andererseits: was bleibt ihr übrig? Wenn die Jugend (gewisse Teile von ihr) es nun einmal drauf anlegt, daß man gegen sie einschreitet (»Jugend will Grenzen«), dann ist es besser, man schreitet ein, solange die Provokation noch halbwegs harmlos ist. Der Jugend geht es um das prickelnde Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Geht man schon gegen die eine oder andere Gewaltsymbolik vor, erspart man sich die eine oder andere wirkliche Gewalt (»Broken-window-Theorie«). Ich kann mir ohne weiteres auch Jugendliche vorstellen, die Ausländer verfolgen, aber aus tiefster Überzeugung bestreiten, daß sie das aus ausländerfeindlichen Motiven tun (»Ihr versteht <i>nichts</i>!« - »<i>Schublade</i>!« etc. etc.).
Domstadt

Beitrag von Domstadt »

Da haben Sie nun wieder in allem recht. Und schön zu lesen ist es auch noch. Das war jetzt keine Ironie.
"Herberts" bzw. "'Erberts" in der Cockney-Variante war damals eher so ein Witz der Szene. Auf der zweiten Cockney-Rejects LP stand, meine ich, auch drauf "For Skins and Erberts". Ist ja wurscht. Es gab die Namen Skinheads, Suedeheads, Smooths und Smoothies, Peanuts, Crops, Erberts, Ois und Sharps, Rash, Redskins und bestimmt noch zehn bis zwölf weitere - mit entsprechender Differenzierung zu anderen Facetten des Kultes. Just for the record. Für die Szene sind diese Unterscheidungen durchaus relevant. Und ich bin immer wieder erstaunt, wie oft man Leuten erklären muß, das es linke wie rechte Skins gibt, politische und unpolitische. Daß es jüdische, schwarze, homosexuelle, behinderte Skins genauso gibt wie jüdische, schwarze, homosexuelle, behinderte Punks.
Übrigens finde ich an loNSDAle jetzt erst richtig Gefallen. Wie finden Sie diesen Satz:
Thomas Manns Dankesrede, ans Danziger Publikum gerichtet, holte Hans Dampf ins Dasein zurück.
Oder: Readers Digest apologizes.
Oder: Dinsdale?

Beste Grüße,
D.
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katchoo
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Registriert: Fr Okt 03, 2003 9:47 am

Beitrag von katchoo »

Die Debatte darum, daß nicht alle Skins rechts sind und sich Teile dieser Subkultur, wenn man sie so nennen mag, als unpolitisch oder links definieren, ist ja eigentlich nicht neu.

Und seitdem achtet man dann schon auf vermeintlich eindeutige Symbole, wie die erwähnten Schnürsenkel oder die Lonsdale-T- oder -Sweatshirts (an deren Eindeutigkeit ich übrigens noch keinen sich als Sharp- oder Redskin definierenden Skin habe zweifeln hören, aber ich kenne/kannte auch nur zwei oder drei) und fragt sich, wie man ein Polo-Shirt mit schwarz-weiß-rotem Kragen zu deuten hat.

Aber kann mir jemand erklären, was das ist, es begegnete mir neulich morgens auf dem Weg zur Arbeit und heute abend nochmals in der Fußgängerzone:

- Springerstiefel (viele Löcher), einen weißen, einen roten Schnürsenkel,
- grau-weiße Tarnhosen, hochgekrempelt über die Oberkante der Stiefel,
- Bomberjacke,
- Iro,
- Übergewicht (aber dazu ist mir noch keine politische Aussage bekannt)?

Dieser Mensch irritiert mich. Zumal er zu Zeiten unterwegs war (7:45 Uhr - 22:30 Uhr heute abend ist weniger erstaunlich), wo mir ansonsten eigentlich kein Punk begegnet.

Und zu Guevara, der wurde ja auch schon erwähnt: Den hab ich vor ein paar Wochen auch schon als Fahne in Händen von Nazis gesehen (und das waren welche), allerdings durchgestrichen. In dem Fall muß man sich wohl keine Gedanken machen, wie das auszulegen ist. (Die Herren waren m. W. Koblenzer Fußballfans.)
Aussehverbot

Beitrag von Aussehverbot »

katchoo hat geschrieben: - Springerstiefel (viele Löcher), einen weißen, einen roten Schnürsenkel,
- grau-weiße Tarnhosen, hochgekrempelt über die Oberkante der Stiefel,
- Bomberjacke,
- Iro,
- Übergewicht (aber dazu ist mir noch keine politische Aussage bekannt)?
Unpolitischer (weil Springerstiefel rot-weiß) (OI-)Punk?
Diese Art Outfit ist mir dann und wann auch schon untergekommen, zugegebenermaßen allerdings meist abends, bzw. nachts, bzw. früh morgens.
Womit wir wieder bei Ihrem Exemplar angelangt sind, welches ja u. U. gerade erst auf dem Heimweg war?
Domstadt

Beitrag von Domstadt »

Guten Morgen.
Ich vermute, die von Ihnen beobachtete Lebensform fällt in die Spezies "Bonehead". Die zeichnen sich dadurch aus, daß sie sich selbst meist ganz anders nennen. In Diskussionen fallen sie oft mit dem Satz auf: "Ich bin ich." Gern auch gefolgt von "... und passe in keine Schublade." (Übergewicht?)
Vielleicht war's auch nur ein Asi-Punk, kurz: Assel? Stand auf seiner Jacke irgendwo "Kassierer"? So oder so: Die Erwähnung in einem Faschismus-Thread würde ihm bestimmt nicht gefallen.
beste Grüße,
D.
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