(Ausgedachte) Post von Wagner

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Prof. Adorno
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(Ausgedachte) Post von Wagner

Beitrag von Prof. Adorno »

Lieber Bürgermeister von Bagdad,

jetzt hat es also auch Sie erwischt - kawumm. Ich kannte Sie nicht, Sie kannten nicht mich. Aber jetzt bin ich durcheinander. Bürgermeister von Bagdad. Das erinnert an den guten Menschen von Hanoi, von dem Brecht uns einst sang. Sie sind der Prinz der Hölle gewesen. Und jetzt sind Sie zur Hölle gefahren. Zur echten. Ich bewundere Menschen wie Sie. Sie sind der Stark-Kämpfer der Demokratie. Wenn ich mir anschaue, für was deutsche Oberbürgermeister kämpfen - es möchte einer Sau grausen: Mautdesaster, Flutkatastrophe, Rinderhälften.

Lieber Bürgermeister von Bagdad, Sie waren das Fliewatüt der amerikanischen Befreier. Aber diesem Fliewatüt fehlte etwas. Ein Granatwerfer oder ein Sturmgeschütz etwa. Ich bin kein Militär-Experte. Aber Bürgermeister, die nicht bewaffnet auf die Straße gehen - pardauz!


Herzlichst,


Ausgedachter F. J. Wagner
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hijack
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Beitrag von hijack »

Liebe Superlupo,

wir müssen über Ihre Satire reden. Ich mag die Superlupo sehr, weil es Superlupo irgendwie monatlich schafft, die Geschehnisse aus der gewaltigen Erde leicht, hart, heiter, aber immer verständlich darzustellen. Kann es sein, dass ihr Satiriker viel weiter seid als wir Nicht-Satiriker? Im Überschreiten von Grenzen ganz sicher.

Ich schreibe Ihnen, weil Satire wie Atmen ist. Wenn jemand überhaupt den Sinn des Lebens errät, dann sind es die Satiriker.

Ohne gelacht zu haben, ist es, wie nicht gelebt zu haben. Ich sehne mich nach dem Superlupo-Humor. Superlupo, übernehmen Sie – und retten Sie das Lachen.

Herzlichst

Ihr F. J. Wagner
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rue-tigre
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Falls Sie den noch nicht kennen!

Beitrag von rue-tigre »

Ich weiß, das gehört nicht ganz hier her, aber doch:

Es war im Sommer 2003.
Wagner lag ausgerechnet an seinem 60.sten Geburtstag krankend an der Bandscheibe im Hospiz. Keine Post von Wagner für die BILD-Leser.
Da druckte die BILD einen Brief an Wagner von Harald Schmidt ab, über den ich mich damals sehr freute:
Lieber Franz Josef Wagner,

herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Geburtstag. Heute werden Sie sechzig Jahre alt. In diesem Alter waren Franz Schubert, Mozart und Jesus schon tot. Sie aber leben.
Sie liegen in einem Berliner Klinikbett. Frisch operiert an der Bandscheibe.

Manch einer wünscht sich für seinen Sechzigsten vielleicht einen festlicheren Rahmen. Aber Bettpfanne, Tropf und Schnabeltasse können Zeichen des Himmels sein. Niemand weiß das besser als Sie. Täglich öffnen Sie mir neu die Augen für die kleinen Kostbarkeiten des Lebens: Die Schildkröte von Berti Vogts, den Knopf an der Bluse von Uschi Glas, das Dunkel im Schlafzimmer von Sabine Christiansen. Täglich lese ich Ihre Kolumne als Erstes in BILD. Sie haben Deutschland den schönsten Satz des Jahres geschenkt: „Saufen heißt weinen.“ Verständnisvoller hat niemand uns deutschen Männern 2003 ins Herz geschaut.

Manchem bleibt Ihre Welt fremd. Die Welt der Mütter, der Huren und der Heiligen. Für mich ist diese Welt Heimat. Katholische Heimat. Bald werden Sie die Klinik verlassen. Mit operierter Bandscheibe wird sich Ihr Sexleben ändern müssen. Ich wünsche Ihnen heilende Hände.

Herzlichst

Ihr Harald Schmidt
Das hat der Harald doch durchaus wagneresk formuliert, und so aufmunternd.

Sollte der Brief hier im Forum schon mal zitiert worden sein: Nicht böse sein: Ich kann ja nicht alles nachlesen!

Gesegnetes Neujahr Ihr Rue-Tigre
Wer einmal in den Urgrund schaut
ist nachher nur noch halb so laut!
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Eugene Mirman
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Beitrag von Eugene Mirman »

Lieber Roland Berger,

gestern hast du uns den Sand aus den Augen geschaufelt, den die Sozis uns seit Kriegsende hineinstreuen: Der Karren Sozialstaat wird bei der Aufholjagd gegen China im Dreck landen, wenn wir weiter auf das Lügenhaus der Adenauers bauen.

Das Haus Deutschland bröckelt. Jeden Tag geht ein Stück den Bach herunter: der Ziegelstein Rente, der Schornstein Sozialhilfe, die Fußmatte Gesundheitssystem. Ludwig Erhard, Roland, sagst du, hat gewusst warum. Langsam glaube ich das auch.

Manchmal tut die Wahrheit weh, aber wo die Lüge regiert, fault das Fleisch. Unser Fleisch ist die Marktwirtschaft. Ihr müssen wir dienen, schon mal über den Feierabend hinaus. Du, Roland, hast Schnapsdiscounter und Waschsalons gegründet, als du jung warst. Am Anfang hast du bestimmt auch nicht mehr als einen Euro/Std. verdient. Von den 200 000 jüdischen Mitbürgern, die aus Russland jetzt heim ins Reich gekommen sind, wünsche ich mir den gleichen Mut.

Die Chinesen haben Arbeitslager. Wir Deutschen nicht. Nachmachen ist hart, aber Weichheit ist härter.

Herzlichst,

Ausgedachter F. J. Wagner
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palazzo
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Beitrag von palazzo »

Eugene Mirman hat geschrieben:
Manchmal tut die Wahrheit weh, aber wo die Lüge regiert, fault das Fleisch.
respekt, herr mirman, darauf wäre fjw selber stolz.
eventuell meine nächste signatur, weiß aber noch nich´.

herzlichst,
palazzo.
"jeder muß sich selbst austrinken wie einen kelch!" c. morgenstern
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Prof. Adorno
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Beitrag von Prof. Adorno »

Lieber Eugene Mirman,

während ich meinen Backenzahn beim Zahnarzt bohren lassen habe, habe ich nachgedacht. Wie ist es möglich, daß wir in Deutschland, die Krösusse des Westens, immer noch nicht genug des unermeßlichen Leids gedenken, das sich praktisch täglich vor unserer Haustür abspielt?

Menschen wie Sie machen mir angst. Wer könnte angesichts so und so vieler hunderttausend Flutopfer ernsthaft noch eine Rand-Figur, einen Schneemann von gestern wie Roland Berger zum Problem herumstilisieren sollen. Die Situation ist da, sagte Adenauer. Zurecht.

Lieber Mirman, auch ich möchte weg von dem Grauen, der Gnadenlosigkeit des Leidens. Aber da hilft schimpfen nichts. Und eines will ich geschuriegelten Waisenknaben wie Ihnen einmal gehörig hinter die Ohren schreiben: meine Mutter mußte ihre Salzkartoffeln noch aus den blutigen Trümmern der von den Alliierten zu Tode gebombten deutschen Hauptstädte ziehen. Mit Blut, Schweiß und Tränen. Und dieses - Blut, Schweiß, und Tränen - das sähe ich gerne auch aus Publikums-Lieblingen wie Ihnen herausquellen. Im Namen der Menschlichkeit.

Herzlichst,


Ausgedachter F.-J. Wagner
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Eugene Mirman
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Beitrag von Eugene Mirman »

prof. adorno, in fünf minuten in meinem büro!!!
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Presserat

Beitrag von Presserat »

In der Kolumne "Ausgedachte Post von Wagner" vom 10.01.05 wurde Eugene Mirman versehentlich als "geschuriegelter Waisenknabe" und "Publikums-Liebling" bezeichnet, aus dem "Blut, Schweiß und Tränen" hervorquellen sollten. Hier korrigieren wir uns. Bei Eugene Mirman handelt es sich NICHT um einen geschuriegelten Waisenknaben und Publikums-Liebling, aus dem weder Blut, Schweiß noch Tränen quellen sollten. Ein peinlicher Tippfehler!
francis schinken

Beitrag von francis schinken »

Heute fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Liest F. J. Wagner heimlich unsere Kolumne? Während Prof. Adorno gestern noch schrieb:
...während ich meinen Backenzahn beim Zahnarzt bohren lassen habe, habe ich nachgedacht. Wie ist es möglich...
, las ich heute bei Wagner:
Der Tod als Dauersendung ist nicht das Leben. Das Leben ist, den Schrecken zu vergessen. Unser Leben muß sich wieder zwischen Zahnschmerzen und Übergewicht einspielen.

Das Problem meines Backenzahns, morgen geh ich zum Zahnarzt, muß wieder meine größte Sorge werden. Nur so wird das Leben normal.
Kann das Zufall sein? Oder Schicksal oder gar Vorsehung. Ich bin ratlos.
francis schinken

Beitrag von francis schinken »

ach tut, mir leid, falscher alarm.
ich dachte der brief in der heutigen Bild-online wäre brandaktuell.
Ich ziehe meine Masterthesis zurück.
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Eugene Mirman
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Beitrag von Eugene Mirman »

Tomeyers ehrliches Tagebuch hat geschrieben:Liebe Uns,

auf und heraus zur Gründung der "Forschungsgruppe Wagner"! Lassen Sie uns dieser deutschen gemütsmaschinerie auf den Grund gehen: Wie wurde dieser da das, was er ist und was ist dieses Ist, und ist das erst der Anfang?

Ich denke an Wagner-Studien, Wagner-Korrespondenzen, Wagner-Symposien, Wagner-Lesungen und an ein Wagner-Jahrbuch. Lassen Sie uns, liebe Uns, nicht im Stich.

Es gibt viel zut tun, wagnern wir es an.
konkrete ansage.
E.M.
tragikfähig. therapierbar. rentenberechtigt!
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Prof. Adorno
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Beitrag von Prof. Adorno »

Liebes Deutschland,

was ist bloß los mit Dir? Du warst stark zwischen Rhein und Oder, zwischen Mosel und Alster. Und jetzt? Perdu. Auftrumpfender Regierungs-Mob hat Dich in seine grausigen Klauen aufgenommen.

Alle wollen an die Macht. Du, liebes Deutschland, sollst der Gaul sein, dem Mann/Frau (Merkel, Schröder) nichts ins Maul schaut. Aus Angst, daß es in diesem Maul stinkt, nach fauligen Zähnen und billigem Bier. Ich habe in dieses Maul gesehen. Deutschland, Deutschland, in diesem Maul webt man Dein Leichentuch.

Wenn sich nicht bald etwas tut, können die Deutschen nur zu Gott beten. Einem Gott, der Feuer und Rache ausgießt über gierigen Polit-Schranzen (Leviticus). Die Gier ist ein Krebsgeschwür, das nur ein besonders scharfes Messer herausschneiden kann. Gott, hoffentlich sitzt Du schon und wetzt am Schleif-Stein. Der Patient Deutschland schreit nach Krebshilfe.


Herzlichst,


Ihr Ausgedachter Franz-Josef Wagner
Ich bin gut informiert. Ich weiß viel. Ich habe viel Material.
Das Grauen

Beitrag von Das Grauen »

Liebe Menshlein,

ich habe von eurem Giftbecher getrunken und muß sagen, ein ausgedrückter Kopfpickel könnte nicht besser schmecken. Muhaha. Narrenkappe hin oder her: Vernunft muß Pi mal RTL in die BILD geflanscht werden, weil sie einfach schick ist, ansonsten könnt ich euch Arschgesichtern nicht so toll auf der Nase tanzen. Weil ich ein guter, friedlicher Deutscher sein wollte, hab ich heute mal nicht zu doofen Froschfressen im Internet einen abgewixt. Sondern an die kolonialistische Gedankenblase geglaubt, auf der ich mit Millionen anderen gestrandet bin. Wehe, die bringt mir einer zum platzen!!!

Herzlichst

Ihr F. J. Wagner
Schnitzel55

Fratz Wagner

Beitrag von Schnitzel55 »

Hallo Klassikfans!

Ich bin ja bekanntlich der Wagner. Aber es gibt noch einen. Ja.
Und der hat die Festspiele. Ich nicht! Warum?
Das hätte keinen Sinn.
Vielleicht bin ich ja verwandt mit diesem Großmachtkomponisten, der gerne gezeigt hat, was er an Randgruppen doof findet. Er war ein Arschloch - und das ist gut so. Er war einer von uns. Er war ich.
Und heute feiern wir ihn.
Den Operetten-Richie, den Mittelpunkt der Welt der Weltfremden. Vielen Dank.

F. W. Einstein
Kommisar Schimpanski

Beitrag von Kommisar Schimpanski »

Liebe Gammeldöner,

heute Nacht hatte ich viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Hatte nebenbei immer mal wieder das Toilettenfenster geöffnet, den Zigarettenrauch behutsam hinausgefächert. Hinaus in den bestirnten Nachthimmel, über den Kant einst sinnierte, daß er nur ihn und die Imperative tief in ihm drin - also in Kant - akzeptierte. Gedankliche und emotionale Imperative, die auch ich heute Nacht zugelassen, akzeptiert hatte. Meine Gedanken und Gefühle waren in dieser Nacht wieder mal besonders stark bei Deutschland gewesen. Da war dieses seltsam warme Schmetterlingsgefühl, so wie es Herbert Grönemeyer mit den "Flugzeugen in meinem Bauch" sehr plastisch umschrieben hatte. Ja, ich hätte Deutschland in diesen seinen schweren Stunden wieder mal so ganz heftig gedrückt und umarmt, wären meine Arme nur ein bißchen länger gewesen. "Good Old Germany" hat so viel zu bieten, ist ein Land mit exquisiter Küche, pfiffigen Unternehmern, wunderbarer Musik undundund. Warum nur befindet es sich in dieser bedrückenden Dauerkrise? Wann wagt dieses Deutschland endlich den Befreiungsschlag? Um den gordischen Knoten aus Reformstau und Modernisierungsdruck endlich zum Platzen zu bringen? Die ganze Welt befindet sich in stetem, quirligen Fluß, warum fließt Deutschland nicht endlich mit? "Irgendwas ist faul im Staate Dänemark" würde der Lateiner jetzt richtigerweise kommentieren.

Danke für eine Nacht voller gehaltvoller Gedanken!

Herzlichst
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