DDR-Wörterbuch

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Ernst Gemeint
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DDR-Wörterbuch

Beitrag von Ernst Gemeint »

In der Mittagspause kamen mir ein par nette Worte unter, die anscheinend früher in der Zone benutzt wurden. Und da es die Bewohner des deutschen Ostens jetzt auch nach und nach zu uns in den Westen schaffen, wäre es doch hilfreich ein kleines Wörterbuch zu erstellen um die Kommunikation zu vereinfachen. Folgendes weiß ich schon...

Geflügelte Jahresendfigur=Weihnachtsengel
Broiler=Gebratenes Hähnchen (dürfte bekannt sein)
Wissenschaftlich utopischer Roman=Science Fiction Roman
Sättigungsbeilage=Beilagen wie z.B. Rotkohl
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Frank N.
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Beitrag von Frank N. »

Bitte übersetzen: "Ich hätte jetzt Knast, dufte eine zu quarzen."
Außerdem: "Froster" für Gefriertruhe (Brrrrr)
"Winkelement" für Fähnchen

Problem: Viele "endemische" Ausdrücke (nicht die künstlich erschaffenen, die EG auflistet) sind Berliner Ursprungs und somit nicht eindeutig dem Westen oder Osten zuzuordnen.
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Ernst Gemeint
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Beitrag von Ernst Gemeint »

Was meinen Sie mit "künstlich erschaffen", Herr N? Können Sie das bitte nähers erklären? Sie scheinen sich mit dieser Materie schon auseinandergesetzt zu haben und ich bin trotz meiner 42 Jahre immer noch sehr wissbegierig.

Vielen Dank schon für Ihre Antwort und herzliche Grüße

Ernst Gemeint
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Brian
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Beitrag von Brian »

Brian kennt da auch eins:

Zellstoff - Papiertaschentuch
Haach, Herrlich! Äh... naja...Und noch soviel Platz hier! Hallo Hallo Test Eins Zwo Test Hallo Hallo Ich grüße meinen Kegelclub: Acht ums Vordereck!
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Frank N.
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Beitrag von Frank N. »

Ernst Gemeint hat geschrieben:Was meinen Sie mit "künstlich erschaffen", Herr N? Können Sie das bitte nähers erklären? Sie scheinen sich mit dieser Materie schon auseinandergesetzt zu haben und ich bin trotz meiner 42 Jahre immer noch sehr wissbegierig.
Vielen Dank schon für Ihre Antwort und herzliche Grüße
Ernst Gemeint
Im Rahmen der "Vorantreibung" des Sozialismus wurden - ähnlich wie im 3. Reich - nach dem 2. WK im Osten umfangreiche Sprachsäuberungsaktionen durchgeführt. Ziel war hierbei unter anderem auch die Säkularisierung der Sprache: Engel= zu christlich -> geht nicht -> Jahresendfigur. Dieser Begriff wurde von der Nomenklatur als offizieller weil sozialistisch kommmoder Ersatzbegriff eingeführt. Daß Sprache nicht auf Knopfdruck willkürlich geändert werden kann, bedarf keiner Erwähnung.
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Saftpresse
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Beitrag von Saftpresse »

Frank N. hat geschrieben:Daß Sprache nicht auf Knopfdruck willkürlich geändert werden kann, bedarf keiner Erwähnung.
Die Franzis machen es ja auch so (Académie Francaise). Das ganze hat natürlich eine gewisse Berechtigung bei der Flut von Anglizismen. Aber die Franzosen übertreiben es m.E. etwas... "balladeur" für Walkman ist so ein Beispiel (benutzt kein Mensch).

Zur ostdeutschen Sprache fällt mir noch "Plaste" für Plastik ein. Auch "die Direktor" für Direktorin finde ich bemerkenswert.
die sagenhafte Saftpresse...

...vermöbelt gerne Büttenredner.
justine
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Beitrag von justine »

Ein Begriff aus "Sonnenallee" den ich sehr amüsant fand war der "MUFuTi", der Multifunktionstisch. Ausklappbar und höhenverstellbar.
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Hoirkman Szeßhts
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Beitrag von Hoirkman Szeßhts »

Wer sein Fachwissen bzgl. der DDR testen oder in ostalgischer Erinnerung schwelgen will (oder gar ostzonalophil ist) der sollte sich das <a href="http://www.quatschkopf.net/ossiquiz/start.php" target="_blank">Ossi-Quiz</a> antun.
Täglich spielen und der Kopf ist binnen vierzehn Tagen mit phänomenal nutzlosem Wissen auf Jahre verseucht!
Lamentier der Herr nicht so schrecklich in der Finsternis, und vexier Er nicht die Leute, wenn Ihm sonst nichts fehlt, als dass Er zuviel ins Gläschen gekuckt.
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Ryan
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Beitrag von Ryan »

Saftpresse hat geschrieben:"balladeur" für Walkman ist so ein Beispiel (benutzt kein Mensch).
Oder auch statt "Mickey Mouse" heisst es in Franzland "Mickey le souris"... Computer gibt's auch nicht, das nennt man "Ordinateur" (ordinäre Sache das).
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Ryan
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Beitrag von Ryan »

Und noch etwas bzgl. des Walkmans. Das <A HREF="http://www.google.com/search?hl=en&lr=& ... gle+Search" TARGET="_blank">Wort</A> scheint doch recht viel verwendet zu werden...

Pardon, dass ich hier schon wieder google, aber es dient der Beweisaufnahme.
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observierer
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Beitrag von observierer »

Ryan hat geschrieben:Und noch etwas bzgl. des Walkmans. Das <A HREF="http://www.google.com/search?hl=en&lr=& ... gle+Search" TARGET="_blank">Wort</A> scheint doch recht viel verwendet zu werden...
Did you mean: <A HREF="http://www.google.com/search?hl=en&lr=& ... ur&spell=1" TARGET="_blank">Baladeur</A>

Results about 44,200(Baladeur) vs. about 2,960(Balladeur).

Ryan hat geschrieben:Pardon, dass ich hier schon wieder google, aber es dient der Beweisaufnahme.
dann doch aber bitte richtig
ausführliches beobachten zwingt dazu an die beobachteten fragen zu stellen
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Ryan
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Beitrag von Ryan »

Pardon, Sie haben ja recht. Es heisst Baladeur... :oops:
neuralgischer Punkt
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Beitrag von neuralgischer Punkt »

Kann es sein, dass hier im ganzen Forum kein einziger ehemaliger Ex-Ostler bemitgliedet (-Eigenkreation) ist, der uns in dieser Frage weiter aufklären könnte. Ich halte das nämlich durchaus für interessant (u. U. werde ich sogar meinen gesamten Sprachgebrauch umstellen).

Soweit ich mir einmal habe sagen lassen, handelt es sich bei diesen absonderlichen Wortschöpfungen hauptsächlich um Bezeichnungen aus der Amtssprache, die aber in dieser Weise kein sozialistischer Mensch verwendete. Und wie schon richtig bemerkt wurde, gibt es ähnliches auch in Frankreich, ebenso wie es das in Westdeutschland gab und es das im befreiten, vereinigten Deutschland immer noch gibt. Leider, leider und sehr zum Verdruß meiner Mutter ist aus mir kein Beamter geworden, aber diese Spezies benutzt solche Ausdrücke haufenweise um banalste Sachverhalte einheitlich zu verkomplizieren (- z. B., "verunfallt", - der/die "Verunfallte" -).

Wenn ich mich recht erinnere wurde mir sogar einmal ein Wort für "Sack" genannt, das in ostdeutschen Protokollen zum Einsatz kam: "Weichcontainer", oder so ähnlich.

Bitte um Aufklärung, - was die Franzosen können, können wir schon lange -.
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Larifari
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Beitrag von Larifari »

neuralgischer Punkt hat geschrieben:Kann es sein, dass hier im ganzen Forum kein einziger ehemaliger Ex-Ostler bemitgliedet (-Eigenkreation) ist, der uns in dieser Frage weiter aufklären könnte
Tja, ich oute mich denn mal als Komplett-Ossi. Allordings gennsch misch midm Schbrachgebrauch dor Osdeidschn zu DäDäÄr-Zeidn oh nich so aus. Am 3.10.1990 war ich noch nicht mal zehn Jahre alt.

Würde aber behaupten, daß sich die offiziellen Bezeichnungen nicht im Alltag durchgesetzt haben, und wenn doch dann in abgewandelter Form. Multifunktionstisch hat z.B. niemand gesagt, aber Mufuti (glaube ich zumindest) schon. Und Broiler sagen viele Leute auch heute noch. Da wäre ich mir auch nicht so sicher, ob es tatsächlich eine offizielle Schöpfung war. Oder eben doch der von Frank N. angesprochene Berliner Ursprung. Und Plaste ist (trotz "Plaste und Elaste aus Schkopau") auch keine offizielle Schöpfung. Ich glaube, es ist noch nicht mal was speziell ostdeutsches, sondern nur ein Begriff, der im Osten überlebt hat, während er im Westen durch Plastik ersetzt wurde.
"Die Direktor"? Ist mir unbekannt. Aber wie gesagt, ich habe auch nicht viel DDR-Zeit miterlebt, und vor allem nicht besonders bewußt.
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pöbel
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Re: DDR-Wörterbuch

Beitrag von pöbel »

Ernst Gemeint hat geschrieben:... wäre es doch hilfreich ein kleines Wörterbuch zu erstellen um die Kommunikation zu vereinfachen.
Herr Gemeint,

wir brauchen hier nicht weiter krampfhaft ein solches Wörterbuch aufbauen, sondern können gelassen folgende Seite besuchen (die sicherlich ausbaufähig ist).

http://user.cs.tu-berlin.de/~alalalal/dictionary.html.

Vielleicht mag jemand mit dem Autoren Kontakt aufnehmen ...

Beste Grüße
Ihr Pöbel

P.S. Bei der geflügelten Jahresendfigur soll es sich dem Wörterbuch nach übrigens um eine Fälschung handeln!
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